FIERCE RUN FORCE by Steffi Platt

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WIR EROBERN DIE TRAILS: Lasst uns Vorbilderinnen für mehr Läuferinnen sein

Ob Sachsentrail, Innsbruck Public Race – vor der WM – ZUT Grainau oder Leutasch Trail

Kurz und knackig oder 69 km lang - wir haben in diesem Jahr das Trail Running für uns entdeckt und uns bereits mehrfach durchgekämpft, gestaunt, abgeräumt und die Berge genossen. Die Saison hat Lauftrainerin Steffi eröffnet und gleichzeitig auch damit die WM. Das Public Race von 6 km und ein paar Zerquetschten war die Einleitung in ein aufregendes Großereignis. Gebührend wurde nicht nur die Eröffnungsfeier im Anschluss gefeiert, sondern auch Steffi auf dem Weg zum Sieg. Ganz mutig und voller Vorfreude auf die Berge und das Rennen, lief sie vorne mit. Schnell übernahm sie – ganz verwundert – die Spitze und ließ die jüngeren Läuferinnen hinter sich.

Steffi beschreibt diesen Moment folgendermaßen: “Ich bin mit einem großen Grinsen und durchweg positiven Mindset voller Vorfreude an die Startlinie gegangen, weil ich mich gefreut habe auf das, was kommt! Gleichzeitig war es eine unheimlich herzliche Atmosphäre und traumhafte Kulisse. Also dachte ich mir, ich lauf so schnell wie meine Beine können und war dann ziemlich überrascht, wie gut es ging.”

Ein bisschen mehr als 2 km ging es bergauf, bis es danach über Wurzeln, Steine und Teer wieder zurück in die Innenstadt von Innsbruck und den Citytrail ging. Mit einem riesig großen Grinsen im Gesicht lief sie dem Sieg entgegen. Endlich läuft es wieder! All die Streckenposten, darunter auch eine Freundin von Steffi und Zuschauenden am Streckenrand, trugen sie mit ihren Anfeuerungen lächelnd ins Ziel. Ganz überrascht und die Leute umso begeisterter davon, dass sie vorne lag als Flachland-Tirolerin, ließ sie die Bergläuferinnen hinter sich und war überglücklich. Im Ziel direkt erkannt und zum Interview gebeten, um kurz über FIERCE RUN FORCE zu sprechen – und die Arbeit dahinter.

Frauenquote im Trail Running

Bislang waren Frauen im Trail Running unterrepräsentiert und es ist auch noch deutlich Luft nach oben, das zeigen auch unsere Erfahrungen. In Innsbruck lag die Quote noch bei 1/3 von 100 Starter*innen, wohingegen in Garmisch über die kürzeste Distanz bei über 500 Starter*innen mit 65% mehr Frauen am Start waren und bei der 88 km Distanz mit gut 4000 Höhenmeter der Gesamtsieg sogar ebenfalls an eine Frau ging. Ruth Croft bewältigte die Distanz in schnellen 11:09:54 Stunden und ist der beste Beweis dafür, dass Frauen zunehmend an Anerkennung und Erfolg in dieser herausfordernden Disziplin gewinnen. Wie geht das, dass eine Frau den Gesamtsieg holt?

Der weibliche Körper bietet verschiedene physiologische Vorteile für den Ultralaufsport. Wie zum Beispiel die verbesserte Fettverbrennung: Frauen haben im Vergleich zu Männern eine größere Fähigkeit zur Fettverbrennung. Dies ist ein wichtiger Vorteil im Ultralauf, da diese Sportart oft von einem hohen Energiebedarf geprägt ist. Die effiziente Nutzung von Fettsäuren als Energiequelle ermöglicht es Frauen, ihre Kohlenhydratreserven länger zu schonen. Wir haben einfach den längeren Atem, denn wir gehen in der Regel strategisch klüger an die Sache ra, was unsere neben unserer Physiologie bei Ultradistanzen in die Karten spielt. Unsere mentale Stärke lässt uns Schmerzen und körperliche Erschöpfung besser bewältigen und gleichzeitig zeichnet uns aus, dass wir uns auf lange Distanzen besser konzentrieren können. Die Fähigkeit, sich in schwierigen Situationen zu motivieren und durchzuhalten, ist ein entscheidender Vorteil im Ultralaufsport.

Es ist wichtig zu beachten, dass dies allgemeine Vorteile sind und individuelle Unterschiede bestehen können. Die Leistung im Ultralauf hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, darunter Training, Genetik und persönliche Motivation. Frauen haben jedoch zweifellos das Potenzial, im Ultralaufsport herausragende Leistungen zu erbringen und ihre physiologischen Vorteile zu nutzen, um sich auf lange Distanzen zu spezialisieren.

Auch FRF-Mitglied Sophia machte sie das zu nutzen und war unglaublich stark unterwegs, mit Gesamtplatzierung auf Rang 32 und als 20. Frau war sie nach 11 Stunden und 37 min im Ziel. Unglaublich wie fast spielerisch sie die 69 km gerockt hat!

Sophia selbst beschreibt das Rennen so: “Die teilweise alpine Strecke mit insgesamt 3000 Höhenmetern war wunderschön, die Organisation der Veranstalter einwandfrei und auch die Stimmung im Start- und Zielbereich elektrisierend. Aber besonders eindrücklich waren meine vielen Mitläufer*innen, die sich bei diesem knapp 70 km langen Rennen über die eigenen Grenzen hinweg gegenseitig unterstützt und motiviert und sich am Ende im Zielbereich wiedergefunden, gratuliert und umarmt haben - obwohl man noch am gleichen Morgen aufgeregt und fremd voneinander an der Startlinie stand.”

Nach dem Abendessen konnte Steffi Sophia um halb 10 im Dunkeln im Zielbereich empfangen. Dann gab es erst einmal eine sehr herzliche Umarmung! Beide waren unheimlich stolz aufeinander! Steffi war bereits um 13 Uhr im Ziel, denn auch hier lief sie die kürzeste Strecke im Programm und erneut auf das Podium. Aber das war eine deutliche Steigerung von den Höhenmetern auf 500, die es zu erklimmen galt, eine ganz neue Erfahrung nach 2 Jahren Wettkampfpause. Aber trotz der Anstrengung war es unfassbar beflügelnd und spaßig zugleich! Das wird wohl nicht der letzte Lauf in Garmisch gewesen sein.

Die Liebe zum Traillaufen ist entfacht

Noch im April reisten FRF-Mitglied Svende und Steffi relativ spontan und unvorbereitet in ihr erstes Trail Camp und waren danach beide angefixt. 4 Tage entlang der Klippen von Fuerteventura, bei sengender Hitze, sammelten sie Kilometer, Erfahrungen, neue Bekanntschaften und Eindrücke zu Fuß durch Fuerte. Es war heiß, ohne Trailweste nicht machbar und insgesamt einfach unvergesslich. Zum Abschluss gab es ein Trailrennen über 21 km, bei dem leider nur Steffi an den Start gehen konnte, da Svende einen lädierten Zeh hatte. Direkt zu Beginn stürzte Steffi auf ihre linke Seite und die scharfkantigen Klippen rissen ihr die Haut auf und verpassten ihr einige blaue Flecke. Ein kleiner Dämpfer und ein mentaler Tiefpunkt. Die Gedanken kreisten: Sollte sie nur eine Runde von zwei laufen oder aufhören, weil sie sich vielleicht übernommen hatte? Doch sie zog es durch, jeder Anstieg ein Kampf und Krampf und bei jedem Downhill lief es einfach und direkt der Gedanken, dass es doch dann gar nicht so schlimm sein könnte und so wurde sie insgesamt 3. und erste Frau dazu. Was ein Fest! Nun waren die Trails nicht mehr sicher. Svende musste sich noch bis Juni gedulden. Dann stand der Sachsentrail an.

Trailrunning und die Umstände der Erreichbarkeit

Selbst die Anreise kann schon mal zur Challenge werden. Svende und auch Steffi hatten beide eine abenteuerliche Anreise zu ihren Rennen im Erzgerbirge und nach Garmisch-Partenkirchen. Beide waren mit der Bahn unterwegs, Svende durfte dann auch noch 4 km zu Fuß samt Gepäck zur Unterkunft bewältigen. Doch die Anreise hat sich für beide gelohnt. Svende wurde beim Sachsentrail mit einer wunderschönen Landschaft entlang der 36 km langen Strecke belohnt. Während die 1.000 Hm insbesondere auf den Anstiegen kräftezehrend waren, war die Aussicht die Belohnung und ließ ihr Trail Running Herz höher schlagen.

"Der Sachsentrail im Erzgebirge besticht durch wunderschöne, oft sehr schmale Trails, durch dichten Wald - und durch eine liebenswerte und hilfsbereite Community. Ich werde definitiv hierher zurückkommen" - Svende

Das waren nicht unsere letzten Trails, das Jahr ist noch nicht um und vielleicht werden da noch weitere Rennen dazu kommen. Wir wollen mit unserem Artikel mehr Frauen für Trail Running begeistern, weil es einfach so viel mehr ist als nur Laufen. Es gibt dir so viel: die beeindruckende Natur, die offenen und herzlichen Menschen, das abwechslungsreiche Laufterrain und die Überwältigung im Ziel, wenn das Rennen geschafft ist.