TEIL 3: MEDIZINISCHE FOLGEN: Wer ist eigentlich LEA?

FOTO: Unsplash © Chau Cédric

 

VERMEHRTE TRAININGSEINHEITEN & VERRINGERTE NAHRUNGSAUSNAHMEN IM LAUFSPORT

Geschrieben von Sophie Wallner

Die Anorexia athletica ist keine psychiatrische Erkrankung. Es besteht jedoch die Gefahr, dass das Kontrollverhalten bei entsprechender Prädisposition - aufgrund der Legitimation durch den Sport - meist unbemerkt, in pathologische Dimensionen entgleist. Die Denkweise, dass ein deutlich verringertes Gewicht ein besseres sportliches Leistungsvermögen bedeutet, veranlasst eine Reihe von SportlerInnen zu so starkem Abmagern, dass daraus katabolische Zustände resultieren können. Eine optimale Leistungsfähigkeit ist dann nicht mehr gegeben.

Da in der Anfangsphase der Gewichtsreduktion durchaus bessere Leistungen erzielt werden können, wird die Grenze oft nicht realisiert, unter der die Erfolgskurve ebenfalls bergab geht. Ab einem gewissen Punkt kann sich die Gewichtsreduktion verselbstständigen, die SportlerInnen geraten in das Vollbild einer Anorexia nervosa.

Als kritische Grenze muss ein Body-Mass-Index (BMI) von < 18 kg/m2 angesehen werden. Schließlich ist es aber auch die Dauer des Untergewichtes bzw. der erhöhten Aktivitätsbelastung, die zu chronischem Mangelstoffwechsel führt. Entsprechend werden der Knochenstoffwechsel, der Hormonhaushalt, das Wachstum und die psychische Gesundheit beeinflusst. Vor allem Letztere bleibt oft unentdeckt bzw. unerwähnt, hat aber oft langanhaltende Auswirkungen auf die betroffenen Frauen.

Aufgrund ständiger Thematisierung des Gewichts und der Nahrungsaufnahme, kommt es in vielen Fällen zur gedanklichen Überrepräsentation dieser Themen. Die Gedanken der Betroffenen kreisen förmlich den ganzen Tag nur noch um die Themen: Essen, Gewicht und Sport. Sie selber sehen sich dadurch als zu dick. Sie strukturieren ihren Tag oftmals nur noch nach ihrem Training und Essen, alles andere muss sich diesem Plan unterordnen. Dies führt nicht selten zu sozialen Konflikten, denn das nächste Umfeld aus Familie und Freunden leidet oft darunter. Jede spontane Änderung dieses strukturierten Alltags kann zu Unbehagen der Betroffenen führen. Spontane Verabredung können so schonmal zum hochkomplizierten Akt werden, oftmals werden Treffen daher ganz unterlassen, um erst gar nicht in Unbehagen zu geraten. Häufig resultiert daraus ein sozialer Rückzug, der die Gedankenspirale Essen-Gewicht-Sport weiter vorantreibt und oftmals verschlimmert.

Viele nehmen bei Betroffenen nur die offensichtlichen, äußerlichen körperlichen Folgen wahr. Ausgelöst durch über dem Maße betriebene körperliche Aktivität und/oder unzureichender Nahrungsaufnahme. Es muss nicht immer eine voll ausgeprägte Essstörung vorliegen. Es reicht in manchen Fällen auch schon eine unzureichende Nahrungsaufnahme bzw. keine ausgewogene Ernährung bei gesteigerter körperlicher Aktivität. Speziell von berufstätigen Frauen kommt ab und an der Ausspruch man habe vor lauter Stress eine Mahlzeit vergessen oder schlichtweg keine Zeit gehabt. Auch kann es allein eine exzessive Aktivitätssteigerung, bei einem noch unzureichend auf die Belastung adaptierten Körper, sein. Beides kann tiefgreifende Folgen für den weiblichen Körper haben.

Durch vermehrte Aktivität benötigt unser Körper mehr Nährstoffe. Diese Nährstoffe werden in der Regel über die Nahrung zugeführt. Eine bedarfsangepasste und vollwertige Ernährung ist eine wesentliche Voraussetzung für Gesundheit, Wohlbefinden und sportliche Leistungsfähigkeit. Eine unzureichende Energie- und Nährstoffaufnahme kann dagegen die Leistung beeinträchtigen und die Gesundheit gefährden.

Zudem kommen SportlerInnen, die vegetarische oder vegane Kost bevorzugen, leichter in eine Minderversorgung. In Phasen vermehrten Trainings (sprich in der Vorbereitung auf Laufveranstaltungen, Rückkehr nach Inaktivität oder Verletzung, sowie anderweitiger Steigerung des Trainingsumfangs), aber auch in den Phasen geringerer Aktivität sollten wir folglich auf eine ausreichende externe Zufuhr von Energieträgern und Nährstoffen achten. Häufig allerdings geschieht hier bereits der erste Fehler. Denn oft wird, um schneller ein gewünschtes Idealgewicht zu erlangen, gesteigerte Aktivität mit einer Diät verbunden. Auch eine ohnehin zu Mangelerscheinung neigende Ernährungsform kann dazu beitragen. Neben dem generellen Defizit an Energiestoffen (Kohlenhydrate, Proteine, Fette) fehlt es unserem Körper in dieser Phase meist an Eisen, Kalzium und Vitamin D.

Ein Eisenmangel führt über längerer Zeit bestehend häufig zur Anämie (Blutarmut), mit den Symptomen: Müdigkeit, Antriebsarmut, Leistungseinbussen, Tachykardie (stark beschleunigter Herzschlag), Belastungsdsypnoe (Auftreten von Atemnot), Haarausfall, trockene, rissige Haut und Blässe (vor allem Schleimhäute).

Langfristige Kalzium und Vitamin D Unterversorgung können zu Osteopenie und in der ausgeprägtesten Form zur Osteoporose führen. Bedeutet zunehmend verminderte Knochendichte mit abnehmender Knochenfestigkeit. Ein erster Grund, warum es häufig in Phasen gesteigerter Aktivität zu sogenannten Stressfrakturen kommen kann.

Zu den gefürchtetsten und tiefgreifensten medizinischen Langzeitfolgen, bei sportlich sehr aktiven Frauen, gehört die hormonelle Veränderung. Tiefgreifend deshalb, da sie aufgrund ihrer systematischen Relevanz einen schwerwiegenden Langzeiteinfluss auf den Körper nehmen. 

Viele Leistungssportlerinnen, aber auch immer mehr Hobbysportlerinnen leiden, aufgrund von überdurchschnittlich vermehrter sportlicher Aktivität, in Kombination mit zusätzlicher nahrungstechnischer Unterversorgung, unter der sogenannte athletischen Triade. Ausgelöst wird sie in vielen Fällen durch das Nacheifern und Streben hin zu einem Idealbild, das gesellschaftlich, im Fernsehen und auf Social Media geprägt wird.

Teil 4 - Athletische Triade als drastischste medizinische Folge einer Körperschemastörung

 
Anna-Lena_Koberstein_FRF_Porträt

Anna-Lena

Editorin

Steffi_Platt_FRF_Porträt.jpg

Steffi

Publisherin