POLITISCHE DEBATTE: Sicherheit beim Laufen - nicht nur im Dunkeln

Foto: Alisa Raudszus/Grüne Fraktion Berlin

 

Wir fühlen uns nicht sicher beim Laufen im dunkeln

Es ist wieder soweit, die dunkle Jahreszeit bricht an und somit auch die Herausforderung, dass das Training in die dunkle Zeit des Tages fallen kann. Das wir uns dabei nicht unbedingt sicher fühlen und Handlungsbedarf besteht, hat nun auch die Grünen Fraktion Berlin erkannt und uns zum ersten Fachgespräch „Angstfrei auch im Winter laufen? Wie Läufer*innen sich sicher fühlen“ als Expertinnen eingeladen.

Stirnlampe, Reflektoren, bunte Laufbekleidung & Co. – all das gehört zur optimalen Vorbereitung für einen Lauf im Dunkeln dazu. Aber nicht nur das! Bevor du losläufst, teilst du deinen Live-Standort mit einer Freundin, deine Kopfhörer lässt du zu Hause und dein Haustürschlüssel ist griffbereit in der Jackentasche verstaut und nicht wie sonst aufwendig in deinem Schnürsenkel eingefädelt. Dank der dunklen Jahreszeit fühlt sich die Hausrunde plötzlich nicht mehr sicher an.

Laut BKA meiden etwa 58 Prozent der Frauen nachts Parks.

Gerade Frauen und queere Personen fühlen sich im Dunkeln unsicher. Mögliche Ergänzung: Diese Fakten und bezeichnende Zahl hat die Grünen Fraktion Berlin vertreten durch Klara Schedling (sportpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus) zum Anlass genommen zu einem Fachgespräch einzuladen, um Erfahrungen auszutauschen, Probleme aufzuzeigen, Forderungen zu stellen und Lösungsansätze zu diskutieren.

Foto: Alisa Raudszus/Grüne Fraktion Berlin

Im Podium saßen neben unserer Gründerin und Vorstandsvorsitzenden von FIERCE RUN FORCE e.V., Steffi Platt, auch weitere Aktivist*innen und Vertreterinnen der Berliner Running Community wie Katharina Hoffmann (Gründerin von The Good Run), Oumou Adiara (DNA Running Collective), Thị Minh Huyền Nguyễn (Gründerin von Joy Run Collective) und Juliana Wimmer in der doppel Funktion als Läuferin (Run Pack Berlin) und Vertreterin der Grünen Mitte. Auf politischer Ebene waren neben Klara Schedling, auch Bettina Jarasch (Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen Berlin), Bahar Haghanipour (Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin, Sprecherin für Frauenpolitik und Gleichstellung) und Gollaleh Ahmadi (Sprecherin für Sicherheitspolitik) vertreten.

Foto: Alisa Raudszus/Grüne Fraktion Berlin

Steffi eröffnete als dritte mit ihrem Eingangsstatement die Diskussion in dem sie den Bogen weiterspannt und die Frauengesundheit mit einbezieht und als Vorstandsvorsitzende auch das Thema Platzzugang anspricht und fasst ihre Forderungen nach der Diskussion wie folgt zusammen:

„Sicherheit beim Laufen - nicht nur im Dunkeln - ist für mich persönlich und meinen Verein, den FIERCE RUN FORCE e.V., von großer Bedeutung. Es geht nicht nur um die Forderung nach mehr Beleuchtung und Aufklärung in einer Gesellschaft, die sich oft am 'weißen cis Mann' als Norm orientiert. Sicherheit bedeutet auch Sichtbarkeit und schließt gleichzeitig auch die Gender Exercise Gap ein. Dieser Umstand begrenzt unsere FLINTA-Community (Frauen, Lesben, Intersexuelle, Nicht-binäre, Trans- und Asexuelle Menschen) in ihrem Training und stellt eine erhebliche Herausforderung dar. Letztendlich beeinflusst es auch unsere Gesundheit, da Bewegung und Training von essenzieller Bedeutung sind. Wir müssen uns gegen die Auswirkungen vom stetigen Abbau des Östrogenspiegel im Laufe der Zeit und unserer Haltemuskulatur im wahrsten Sinne des Wortes stellen und dagegen an laufen und trainieren. Dies verdeutlicht die Dringlichkeit unserer Anliegen und reicht bis in den Bereich der Gendermedizin."

Foto: Alisa Raudszus/Grüne Fraktion Berlin

In der Diskussionsrunde mit der Grünen Fraktion Berlin und Expert*innen aus dem Laufsport haben wir uns intensiv über das Thema "Sorgenfrei im Winter laufen", ausgetauscht und diskutiert. Die Diskussionsrunde, die offen für die gesamte Berliner Running Community und Laufvereine war, hat noch mal deutlich gemacht, ein Unsicherheitsgefühl beim Laufen teilen viele weiblich gelesene Personen. Forderungen für mehr Sicherheit sind unterschiedlich und setzen nicht nur bei der objektiven, sondern auch der wahrgenommenen Sicherheit an.Gemeinsam wurden folgende Forderungen und Lösungsansätze festgehalten:

Aufklärung

Durch feministische und antirassistische Bildungsarbeit in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz ein flächendeckendes Bewusstsein schaffen.

Wie verhalte ich mich, wenn ich übergriffiges oder sexualisierendes Verhalten beobachte?

Was kann ich als männliche gelesene Person tun, um das Sicherheitsgefühl von weiblich gelesenen Personen im Dunkeln zu unterstützen?

Sportstätten

Öffnungs- und Schließzeiten anpassen, sodass mehr beleuchteter Raum für Sport geschaffen wird. Individualsport -und Vereinssport den Zugang zu öffentlichen Sportplätzen erleichtern.

Stadtentwicklung

Daten von Lauf-Apps nutzen, um Beleuchtung an relevanten Orten auszubauen.

Beschwerdestellen

Den Weg für Betroffene durch mehr Empathie und Ressourceneinsatz leichter machen. Die Bundesstelle für Diskriminierung im Sport ausbauen. Unbürokratische Plattformen/Meldestellen etablieren und diese barrierefrei gestalten, z. B. Mehrsprachigkeit und leichte Sprache sicherstellen.

Gesundheit

Das Bewusstsein für nicht-männliche Körper und zyklusorientiertes Training in Sport und Medizin stärken. Maßnahmen schaffen, die Gender Exercise Gap zu minimieren und bezahlbare Selbstverteidigungskurse einzurichten.

Credit: Nele Prüser

Der Abend hat gezeigt: Es gibt keine Universallösung, die alle Probleme löst. Einzelne Maßnahmen, wie z. B. mehr Beleuchtung und mehr Bildung können situationsbedingt helfen, es ist aber vor allem ein Umdenken in Form einer Entnormalisierung von übergriffigem, rassistischen und sexualisierenden Verhalten nötig. Eine Analyse und Beurteilung von Orten mit hoher Vorfallrate sowie Umgebungen, an denen sich die FLINTA-Community subjektiv nicht sicher fühlt, muss stattfinden, um das Problem langfristig zu lösen.

Du möchtest mit uns gemeinsam etwas für mehr Sichtbarkeit für das Problem tun und für mehr Solidarität, Aufklärung, Zivilcourage laufen? Dann sei am 78. März dabei bei unserem WOMXN RECLAIM THE NIGHT RUNS.

 

Foto: Alisa Raudszus/Grüne Fraktion Berlin

 

Leyla

Autorin

Steffi

Publisherin